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19
Dez
2005

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(Reuters) - Nach harten und langen Verhandlungen haben sich die EU-Staaten auf ein Budget für die nächsten Jahre geeinigt und so eine Verschärfung der seit Monaten auf Europa lastenden Krise verhindert.

Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union (EU) erreichten nach einer durchverhandelten Nacht am frühen Samstag morgen in Brüssel einen Kompromiss im zentralen Streit über den britischen Beitragsrabatt und eine spätere Reform der EU-Finanzen. Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte die Einigung über die EU-Finanzen 2007 bis 2013 ein "Signal der Hoffnung für Europa". Die EU sei gestärkt und könne sich nun anderen großen Problemen wie der vom Scheitern bedrohten Verfassung widmen. Der britische Premierminister Tony Blair sagte: "Wenn es keine Einigung gegeben hätte, wäre die EU in einer tiefen Krise." Er akzeptierte Kürzungen des lange als unantastbar geltenden britischen Beitragsrabatts von 10,5 Milliarden Euro.

Insgesamt beträgt das Budget der EU von 2007 bis 2013 nun 862,363 Milliarden Euro und damit 1,045 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung. Das EU-Parlament muss im kommenden Jahr noch zustimmen. Das Volumen liegt damit etwa in der Mitte zwischen letzten britischen Vorschlägen und den von den meisten anderen EU-Staaten unterstützten Vorschlägen Luxemburgs aus dem Sommer. Die Einigung sieht neben einer stärkeren Senkung des britischen Rabatts als zuvor geplant auch eine Überprüfung der Ausgaben 2008 oder 2009 vor. Auf Basis eines Kommissionsberichts soll die Finanzplanung auf den Prüfstand gestellt werden. Änderungen sind aber nur einstimmig möglich.

Diese Einigung hatten zunächst Großbritannien und Frankreich als Hauptgegner mit Unterstützung Merkels erzielt. Später stimmten alle 25 Mitglieder nach weiteren zähen Verhandlungen dem Budgetvorschlag Großbritanniens zu. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sagte, die noch bis Jahresende dauernde britische EU-Präsidentschaft sei mit der Einigung ein großer Erfolg. Dänemarks Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen zeigte sich beeindruckt vom politischen Mut Blairs, seinen Rabatt so stark zu kürzen.

Chirac lobte die enge Zusammenarbeit mit Merkel, die nicht auf Kosten anderer Länder gegangen sei. "Ich freue mich mit der neuen deutschen Kanzlerin festzustellen, dass diese deutsch-französische Übereinstimmung sich zur Zufriedenheit unserer Kollegen auf eine tadellose Weise zeigt", sagte er.

MERKEL GIBT 100 MILLIONEN EURO AN POLEN

Für Deutschland als größten Nettozahler bringt der Kompromiss nach Merkels Worten eine finanzielle Entlastung. Merkel erreichte eine zusätzliche Förderung von rund 300 Millionen Euro für die ostdeutschen Bundesländer und für bayerische Grenzregionen. Ursprünglich hatte Blair noch 100 Millionen Euro mehr für Deutschland vorgesehen, die sie in der letzten Verhandlungsrunde aber an Polen abtrat.

Polens Regierungschef Kazimierz Marcinkiewicz zeigte sich erleichtert. "Bevor ich herkam dachte ich, es geht nur um Parolen. Aber ich habe gesehen, dass die Idee der Solidarität gewachsen ist." Polen werde das ihm zugesprochene Geld nutzen, um wirtschaftlich zu den reicheren EU-Staaten aufzuschließen. Schwedens Regierungschef Göran Persson sagte: "Merkel hat eine Tradition fortgesetzt, in der die Deutschen bereit sind zu zahlen, um eine Einigung zu sichern."

Die Einigung nach dem gescheiterten ersten Anlauf im Juni soll die Handlungsfähigkeit der EU beweisen, die durch das Nein von Franzosen und Niederländern in Referenden zur geplanten europäischen Verfassung in einer tiefen Zukunftskrise steckte. Blair betonte, für die Erweiterung sei eine Einigung unverzichtbar gewesen. Auch habe die Einigung gute Beziehungen Großbritanniens mit den osteuropäischen Staaten und der neuen deutschen Regierung gesichert.

Blair steht innenpolitisch unter starkem Druck wegen seines Nachgebens beim Britenrabatt. Es sei nur gerecht, wenn sich Großbritannien wie andere an der Finanzierung der Erweiterung beteilige, sagte er. Zudem werde die Rabatthöhe trotz der Kürzungen weiter steigen. Beim Verlassen der Abschlusspressekonferenz, bei der ihm britische Journalisten viele kritische Fragen zu den britischen Zahlungen stellten, sagte Blair zu Barroso: "Jetzt siehst Du, womit ich mich auseinander setzen muss." Barroso hatte Blairs zunächst harte Haltung beim Rabatt vor dem Gipfel zunehmend kritisiert.



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